Donnerstag, 7. November 2013

Erfolg ohne Durchbruch

Sie sind einer der, wenn nicht der größte Rock-Export Stuttgarts. Sie füllen deutschlandweit die Konzertsäle und doch blieb ihnen bislang der große Durchbruch verwehrt. Ein Grund dafür mag ihre Musik, die sich in keine Schublade stecken lässt, sein – das stellen sie aktuell wieder mit ihrem neuen Longplayer »The Painstream« unter Beweis. Ein anderer, dass dieser Durchbruch die Band einfach nicht interessiert. »end of green« haben schon immer nur das gemacht, was sie wollten.
Foto: Steffen Schmid


Sie sind ein Phänomen. Längst auf den gro­ßen Festivals zu Hause, sucht man die Stuttgarter Rockband »end of green« vergeblich in der breiten Öffentlichkeit. Der große Durchbruch blieb ihnen – so scheint es – bisher verwehrt, obwohl das aktuelle Album »The Painstream« auf Platz 13 in Deutschland chartete. Doch großes Bedauern klingt anders, wenn Michael Setzer, Gitarrist der Band, sagt, der große Durchbruch »geht mir am Arsch vorbei«. Sie haben als Band so viele Freiheiten, dass sie von vielen darum beneidet werden. Sie sind unabhängig, sie spielen, weil sie spielen wollen, nicht weil sie spielen müssen. Den Mantel der öffentlichen Wahrnehmung, dass sie ihr Potenzial nicht ausschöpfen, können sie dennoch nie ganz ablegen. »Vor Kurzem erst habe ich mich nach einem unserer Gigs mit einem Fan unterhalten, der ständig davon geredet hat, dass aus uns eigentlich hätte etwas ganz Großes werden können«, sagt Setzer. »Am Ende klang das schon so, als würde ich in irgendeiner kleinen Kaff-Band spielen.« Das sind »end of green« beileibe nicht. 

Melodische Melancholie

Der Stuttgarter Fünfer, bestehend aus Michael Huber, Kirk Kerker, Michael Setzer, Matthias Siffermann und Rainer Hampel, ist auf den Konzertbühnen in ganz Deutschland zu Hause. Sie können sich auf eine treue und ständig wachsende Fangemeinde verlassen. Die bisherigen Gigs ihrer Tour, die am 16. November in Stuttgart ihrem finalen Höhepunkt zusteuert, machen Lust auf mehr. Das wissen nicht nur ihre deutschen Fans. Die »end of green«-Gemeinde ist internationaler, als man auf den ersten Blick glauben mag. In Spanien wurde kürzlich ein Fanclub gegründet, für Stuttgart haben sich Fans aus Russland und Kanada angekündigt. Sie alle hat die melodische Seite der Melancholie und Düsternis, die die Band in ihren Songs zu Gehör bringt, gefangen und nicht mehr losgelassen. Dabei bewegt sich der Fünfer musikalisch stilsicher abseits aller Genres. Ist es Metal, Rock, Gothic oder Indie? Die Antwort liegt wohl irgendwo dazwischen. Und es würde der Band nicht gerecht werden, würde man sie auf einen Sound reduzieren. Davon zeugt alleine schon der aktuelle Longplayer. Auf »The Painstream« tummeln sich melodie­schwangere Balladen ebenso wie knackige Rockbretter, radiotaugliche Nummern wie mainstreamferne Songs. Schnell wird klar, da macht eine Band das, was sie will, und lässt sich nicht so leicht verbiegen.

Unpopuläre Entscheidungen

Die Treue zu sich selbst ist vielleicht auch das Charakteristischste, was diese Band seit über 20 Jahren auszeichnet. Sie haben nie wie unzählige Bands vor ihnen alles auf eine Karte gesetzt, haben sich nie von dem Haifischbecken der Musikindustrie schlucken lassen. An Angeboten großer Major-Labels mangelte es nicht. Doch die einen wollten, dass sie auf Deutsch singen, die anderen, dass sie mit externen Songschreibern arbeiten. »Aber man lernt auch nicht eine blonde Frau kennen und sagt ihr dann, sie solle sich die Haare schwarz färben und die Brüste vergrößern lassen«, sagt Setzer. Heute sind sie beim österreichischen Label Napalm Records unter Vertrag und glücklich. »Unpopuläre Entscheidungen« habe man früher treffen müssen. Der eigenen Karriere war das im ersten Moment vielleicht nicht zuträglich, dem eigenen Selbstbewusstsein umso mehr. Und daraus resultiert wiederum der heutige Erfolg der Band. Lieber langsam und kontinuierlich wachsen, statt mit einem Hype hochgepusht zu werden, um dann umso tiefer zu fallen. Beispiele dafür gibt es in der Musikwelt zuhauf. Genauso wie die, denen der Erfolg und das Rock‘n‘Roll-Leben schnell zu Kopf gestiegen ist.

Verantwortung Fans gegenüber

»Sex, Drugs & Rock‘n‘Roll« – sicher, auch die fünf Stuttgarter hatten in der Vergangenheit ihre wilde Zeiten im Tourbus. Und doch rückt Setzer die Verhältnisse zurecht: »Bei uns kam zuerst immer der Rock‘n‘Roll, dann der ganze andere Kram.« Denn bei all den Eskapaden, die einer Rockband auf Tour nachgesagt werden, das Wichtigste für »end of green« war und ist noch immer ein perfekter Gig. Das sei eine Verpflichtung den Fans gegenüber. Daran wird sich auch nie etwas ändern, Durchbruch hin oder her.



Konzertdaten:
end of green
Sa. 16. November, 20 Uhr, LKA Longhorn, Stuttgart
www.endofgreen.de

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