Donnerstag, 4. April 2013

Mit "Dodokay" in die Achtziger

Man kennt ihn als Schwaben-Synchronisator »Dodokay«, das Internet und das Fernsehen sind sein Metier. Doch Dominik Kuhn ist mehr als das. Er ist Regisseur, Tontechniker, Produzent und, und, und ... und er ist Musiker. Sein Projekt »Welcome To The Pleasuredome« lebt den Geist und die Musik der 80er-Jahre und feiert im April sein Comeback am 30. April auf dem Reutlinger Marktplatz. Ich traf Kuhn in seinem Studio und sprach mit ihm über die Achtziger, bombastische Shows und ausgebrannte Seelen.

Was ist an den 80er-Songs so toll?
Ich bin ein Kind der 80er und bin mit der Musik groß geworden, von der es eine ganze Bandbreite gibt. Die meisten Bands, die 80er-Musik spielen, fahren entweder die Rock-Schiene mit Bon Jovi oder Van Halen. Oder sie stehen auf der Soul-Seite wie Sister Sledge oder Kool and the Gang. Kein Mensch spielt Tears for Fears, Depeche Mode, Frankie Goes To Hollywood, Madonna oder Michael Jackson. Und wenn es doch jemand macht, kocht man das in der Regel auf eine 5-Mann-Combo runter. Dann klingt es aber scheiße – finde ich. Ich wollte dagegen eigentlich schon immer eine Band machen, die diesen besonderen Pop live spielt, gemeinsam mit ganz besonderen Musikern.

Welche persönliche Beziehung hast du zu dem Jahrzehnt?

Das war meine Disco-Jugend und es ist noch vieles davon präsent. Was ich allerdings nicht habe, ist so eine verklärte Nostalgie. Wenn ich Frankie Goes To Hollywood höre, finde ich das immer noch geil – in musikalischem Kontext. Ich bin kein Retro-Mukke-Typ. Ich höre moderne Musik von ... bis .... Wenn ich mir Mixtapes mache, dann gibt es dort alles von Rammstein bis Jazz. Auch die Idee zu der Band heute fällt schon in die 80er. Es muss 1988 oder 1989 gewesen sein. Ich habe damals beim Radio als Musikredakteur gearbeitet und sie haben mich auf ein Rick-Astley-Konzert in die Stuttgarter Liederhalle geschickt. Ganz ehrlich, ich habe erwartet, dass das gruselig wird. Als dann aber der Vorhang fiel, kam die große Überraschung: Eine zwölfköpfige Band stand auf der Bühne, mit Bläsern, Backing-Chor, Keyboarder, zwei Gitarristen – und sie haben diesen Rick Astley-Plastik-Sound live sehr fett gespielt! Das Konzert war großartig und hat mir die Augen geöffnet, denn dieser Pop klingt, wenn er live entsprechend performt wird, richtig geil. Das war die Initialzündung für die Band von heute, auch wenn ich damals natürlich nicht vorhatte, eine 80er-Cover-Band zu machen. Doch auch wenn ich in all den Jahren ganz viele andere Sachen gemacht habe, habe ich den Plan für dieses Bandprojekt nie aus den Augen verloren. Bevor es mit der Band losging, habe ich allerdings jahrelang am Sound getüftelt. Gerade bei Trevor-Horn-Produktionen (Frankie Goes To Hollywood). Er hat Sounds, da weiß kein Mensch, wo die herkommen. Und ich habe mir den Kopf zerbrochen, was das sein könnte – und das meiste habe ich tatsächlich herausgefunden.

Damals in den 80er-Jahren gab es zwei große Jugendbewegungen: Rocker und Popper. In welcher warst du zu Hause?
Nirgends, ich war schon immer ein komischer Typ. (lacht) Aber wenn, dann würde ich mich eher zu den Poppern zählen, wenn auch nie so richtig. Discomäßig war ich eher im Black Mustang in Reutlingen als in der Rockfabrik in Ludwisgburg. Aber ich bin kein Cliquen-Typ und eigentlich schon immer eher ein Einzelgänger. Außerdem war ich immer einer, der lieber selber was macht, anstatt nur zu konsumieren. Darum habe ich auch viel als DJ gearbeitet und bin dann privat eher weniger in die Discos.

Einen ganz bestimmten Musikgeschmack hattest du demnach nicht? Spiegelt sich das in der Musikauswahl von »Welcome To The Pleasuredome« wider?
Ja, eigentlich schon. Ich habe zwar ganz großkotzig behauptet, wir spielen nur 80er-Popmusik und keinen Rock. Aber das stimmt nicht. Wir spielen auch was von Billy Idol, »Never let me down« von Depeche Mode haben wir ein ziemlich rockiges Gewand verpasst, und wir haben sowieso zwei Gitarristen dabei. Aber keine Sorge, wir spielen auch ein Stück von Rick Astley. Das musste einfach sein. (lacht)

Die Band umfasst zehn Mitglieder, die Show verspricht »Blitz und Donner« – warum der große Aufwand?
Erstens: Es ist eine persönliche Geschichte. Ich komme aus der Show-Produktion, war früher in der Veranstaltungsbranche überall in der Welt unterwegs, habe ganz große Shows gesehen und habe jetzt einfach Bock, selber mal was auf der musikalischen Kreativseite zu machen. Und wenn wir was machen, dann probieren wir es in groß. Ich muss auch anmerken, dass die Produktion der Show verdammt viel Geld kostet. Der Eintrittspreis in Reutlingen von 29,50 Euro reicht nicht, um die Kosten zu denken. Daher mache ich dieses Heimspiel erstmal mehr aus persönlichem Enthusiasmus, und natürlich filmen wir auch mit, damit wir Promomaterial haben, um dann vielleicht mal über eine Tour reden zu können. Die zweite Motivation für den Riesen-Akt ist mindestens genauso wichtig: Die Songs, die wir uns ausgesucht haben, klingt nur authentisch, wenn man denselben Aufwand betreibt wie die Original-Acts damals. Dafür braucht man entsprechend viele Musiker und viel Technik. Das ist übrigens ein ganz wichtiger Grund, warum es sonst kaum jemanden gibt, der das so spielt.

Du hast bereits erwähnt, dass die Idee zum Projekt ganz alt ist. 2004 fingen damals die Vorproduktionen an, 2007 hat das Projekt erstmals die Bühne betreten. Warum wurde es dann ruhiger?
Wie die meisten wissen, mache ich als »Dodokay« schwäbische Synchros. Die habe ich 2005 angefangen, und Ende 2006 ging es erfolgsmäßig dann richtig los. Dabei waren die Synchros nie als mein großer Hit geplant. Wenn mir damals jemand gesagt hätte, dass von dem ganzen Zeug, das ich mache, ausgerechnet die Synchros durchstarten, hätte ich wohl nur mit dem Kopf geschüttelt. »Welcome To The Pleasuredome« hatte im Mai 2007 Premiere und erst im August hatte ich dann meinen bis dato größten Schwaben-Synchro-Hit, den Todesstern-Film. Kein Mensch hat damit gerechnet und plötzlich ging mit der schwäbischen Comedy voll die Post ab und für andere Projekte war kaum noch Zeit. Für die Band war das fatal, denn aufgrund der Größe hätte man das nicht ein bisschen nebenher machen können. Also ist das Projekt eingeschlafen.

Wie und warum wurde es wieder erweckt?
Ich habe in der ganzen Comedy-Zeit gemerkt, dass sich das Projekt immer noch da oben auf meiner Festplatte im Kopf dreht. Das war nie weg. So groß angefangen, so viel Asche in die Hand genommen, so ein großer Akt – das hat mich nie in Ruhe gelassen. Und jetzt habe ich mir gesagt, dass wir entweder noch weitere fünf Jahre rumquatschen können oder wir spielen jetzt einfach mal wieder. Im vergangenen November haben wir also einen Punkt gemacht und gesagt, dass es weiter geht. Meine anderen Projekte stehen jetzt eben erstmal auf »hold«. Wie fühlt es sich an, dass es wieder losgeht? Es ist eher so ein Fifty-Fifty-Ding. Musikalisch und inhaltlich macht mir das unheimlich viel Spaß. Da aber die Produktion so groß und so teuer ist, gibt es auch kaum Veranstalter, die das Ding für mich in die Hand nehmen und einfach mal produzieren. Das heißt, ich musste jetzt mein ganzes Skill-Set, was ich in den letzten 25 Jahren gelernt habe, auspacken. Ich bin derzeit die technische Leitung, die Produktionsleitung, Co-Veranstalter, künstlerischer Direktor und stehe auch noch bisschen auf der Bühne. Anders kriege ich dieses Riesending nicht hin. Aber ich will nicht jammern, es macht Spaß.

Haben die anderen Bandkollegen auch schon lange auf den Tag hingefiebert, wenn es mit dem »Pleasuredome« weitergeht?
Ja, immer, wobei wir jetzt zum Teil eine andere Besetzung haben. Einige konnten nicht mehr, andere haben sich anders entschieden. Aber der harte Kern der Band ist noch da und hat tatsächlich ständig gefragt, wann es denn endlich weitergehe – zu Recht.

Du hast eingangs erwähnt, dass ihr keine typische Oldie-Band seid. Mit welchem Publikum rechnest du beim Konzert?
Ich denke, unsere Hauptzielgruppe ist 30-Plus. Aber ich sehe jetzt schon am Vorverkauf, dass das Publikum vom Alter her eine große Bandbreite darstellen wird. Wir haben ja auch Leute in der Band, die in den 80ern noch gar nicht auf der Welt waren. Und sie alle haben tierisch Bock auf die Musik.

Geschwäbelt wird aber nicht?
Nein! Ich verstehe ja, wenn alle sagen »Des isch dem Dodokay sei Band«. Stimmt schon irgendwie. Aber »Dodokay« gab es noch gar nicht, als es die Band schon gab. Jetzt heißt es natürlich, aha, der Typ mit den Schwabensynchros macht auf einmal Musik. So ist das aber nicht. Beispiel: Als »Dodokay« habe ich auf Facebook rund 16.000 Fans. Wenn ich da auf die Pinnwand schreibe »I breng grad d‘ Mülleimer naus«, drücken 300 Leute auf »gefällt mir« und es kommen 50 Kommentare. Wenn ich aber schreibe »Ich spiele mit meiner 80er-Cover-Band auf dem Marktplatz«, kom- men fünf Daumen hoch und drei Kommentare. Das ist heute einfach so. Die Schwaben-Dodokay-Fans interessieren sich null für irgendwas anderes, was ich mache. Ich finde es natürlich toll, wenn meine Fans wegen mir zu der Band kommen. Aber ich sage gleich: Es wird nicht geschwäbelt.

Wie sieht es mit deinen weiteren Projekten aus, was ist alles in der Pipeline?
Also erst mal bleibt »Welcome To The Pleasuredome« hoffentlich keine einmalige Sache. Wenn die gigantische Vorproduktion weg ist, ist es in erster Linie eine Band, die zu einem Gig rausfahren kann. Das heißt, wenn »Pleasuredome« dann nebenbei läuft, habe ich wieder Zeit für meine weiteren Projekte. Es wird natürlich wieder Schwäbisch-Synchros geben, auch auf Youtube. Aber dazu muss ich erstmal paar rechtliche Sachen regeln, da sich auf diesen Online-Plattformen viel geändert hat. Und dann steht eigentlich seit über drei Jahren eine Dodokay-Live-Bühneshow auf dem Zettel. Ich habe auch schon einen Veranstalter, der mich ständig löchert, wann es denn endlich losgehe. Wahrscheinlich wird es 2014 werden, bis die Show auf der Bühne ist. Und das dritte wichtige Projekt ist ein Spielfilm, den ich als Regisseur drehe. Ich sehe mich hauptsächlich als Filmer und es wird einfach Zeit, dass ich mal was Eigenes drehe. Und natürlich, weil man es von mir erwartet, wird es eine schwäbische Komödie.

Klingt wieder nach jeder Menge Arbeit. Vor drei Jahren ist dir die Arbeit über den Kopf gewachsen und du hast den Stecker gezogen, hast dich zurückgezogen. Besteht diese Gefahr nicht mehr?
Vor drei Jahren war es tatsächlich so, dass ich viel zu viel Zeug gemacht und überhaupt nicht mehr darüber nachgedacht habe, was ich da eigentllich treibe. Ich hatte meinen normalen Job als Werbefilmer, dann kam Dodokay dazu, Pleasuredome war immer aktuell und auf einmal war es zu viel ... Damals habe ich vor allem einen Fehler gemacht: Ich habe die Leute bedient, ohne nachzudenken. Wenn jemand angerufen und angefragt hat, dann habe ich zugesagt. Ich habe überhaupt nicht gefiltert. Dann hat mir die Seele irgendwann Warnzeichen geschickt und gesagt, ich solle mal langsam machen. Daraus habe ich viel gelernt, und obwohl ich jetzt wieder sehr sehr viel mache, kann mich auch einschränken, Pausen machen. Darum ist momentan auch »Pleasuredome« meine Nummer eins und der Rest kommt danach wieder.

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