Freitag, 26. April 2013

"Siegertypen" aus Tübingen

»Es bleibt kein Auge trocken und keine Gehirnzelle unangetastet«, urteilte die Jury und verlieh dem Tübinger Comedy-Duo am 11. April in Karlsruhe den Kleinkunstpreis Baden-Württemberg 2013. Ein überraschender Erfolg für Harry Kienzler und Jakob Nacken. Und doch ist er nur der Anfang. Denn die »Siegertypen«, wie sich die beiden auf der Bühne nennen, haben jetzt Rückenwind bekommen.

Wie schnell und überraschend alles plötzlich gehen kann... Als irgendwann im Februar der Anruf seiner Freundin Jakob Nacken erreichte, rechnete er mit allem, nur nicht damit, dass seine Freundin ihm verkündet, dass er mit seinem Bühnenpartner Harald »Harry« Kienzler soeben den Kleinkunstpreis Baden-Württemberg 2013 gewonnen habe. Diese hat es von der Nachricht auf dem Anrufbeantworter erfahren. »Natürlich war das völlig überraschend«, erinnert sich das Duo. Denn dass sie vor nicht allzu langer Zeit ein Bewerbungsvideo für den Preis eingereicht hatten, hatten sie gar nicht mehr auf dem Schirm. Umso erfreuter kam dann auch die Nachricht vom Gewinn.
»Die Prüfungskommision hat wohl irgendwann inkognito einen unserer Auftritte besucht«, sagt Harry Kienzler. Und das, was sie dort gesehen haben, muss ihnen gefallen haben. Denn als »Siegertypen« machen Jakob Nacken und Harry Kienzler keine Comedy »von der Stange«. Sie verflechten gekonnt Poesie, Lyrik und Sprachgewandtheit mit einer gehörigen Portion Humor. Eine Kombination, die man nicht häufig auf deutschen Kleinkunstbühnen sieht und die es noch zu entdecken gilt. Denn schnell findet sich das Duo in einer Schublade wieder. »Wir wollen natürlich jedes Publikum ansprechen«, so Kienzler, »aber wir landen dann doch immer wieder bei ‘anspruchsvollen‘ Sachen.« In der intellektuellen Ecke sind sie zu Hause. Ihre Stärke und Qualität in den Texten zeichnet die beiden 34-Jährigen aus. Sie ist ein Markenzeichen, macht ihre Comedy besonders. »Wenn wir normale Comedy machen würden«, so Nacken, »wären wir wahrscheinlich ziemlich schlecht.« Und doch, sind sie überzeugt, sind ihre Nummern nicht nur für Germanistik­studenten geeignet. »Alleine schon deswegen, weil Germanistikstudenten meistens nicht genug Geld haben, damit wir über die Runden kommen«, lacht Nacken.
Diese Art von Comedy war nur der logische Schritt für die beiden gewesen. Ihre Wurzeln haben sie in der Poetry-Slam-Szene. Dort haben sich der aus Köln stammende Nacken und der Stuttgarter Kienzler während ihrer Studienzeit in Tübingen kennengelernt, haben sich 2006 als Duo formiert, auf Anhieb den Vize-Titel bei den Deutschen Poetry-Slam-Meisterschaften geholt. Dort sind sie auch weiterhin aktiv. Nur ist im Laufe der Zeit die Idee gewachsen, aus dem, was sie bislang für ihre Slams geschrieben haben, ein Abendprogramm zu machen. Mit Dietlinde Ellsässer haben sie eine Regisseurin gefunden, die seit vielen Jahren die regionale Comedy- und Kabarett-Szene geprägt und mit Jakob Nacken als »Die Landpomeranze« bereits ein gemeinsames Bühnenprogramm hat. Trotz unzähliger Auftritte auf der Bühne musste das Duo lernen, dass ein abendfüllendes Comedy-Programm etwas ganz anderes ist als Poetry Slam, bei dem man meistens fünf Minuten hat, um das Publikum für sich zu gewinnen. »Das macht man natürlich mit einer ganz anderen Energiedichte«, berichtet Nacken. »Wenn wir mit dieser Energie den ganzen Abend gestalten, dann kriegen irgendwann alle einen Vogel.« Sie mussten lernen, sich an die Gegebenheiten und das Publikum anzupassen. Und der Lernprozess ist noch lange nicht vorbei. So sagen sie, müssen sie die Kontraste, die Reibepunkte zwischen den beiden Figuren auf der Bühne, zwischen Harry und Jakob, noch besser herausarbeiten. Schließlich könne man sich auf der Bühne Sachen trauen, die man sich sonst im Privaten nicht traut. Und es hat noch einen weiteren positiven Nebeneffekt: Durch das Kreative auf der Bühne werde man mutiger und selbstbewusster. So kann man sicher davon ausgehen, dass mit dem Selbstbewusstsein eines Preisträgers des Kleinkunstpreises Baden-Württemberg in Zukunft noch einiges von den »Siegertypen« zu hören sein wird. Das wäre dann allerdings keine Überraschung mehr.

Mehr zu den beiden auf http://harry-und-jakob.de

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