Freitag, 15. März 2013

Schwäbischer Whisky: Destillierter Zufall



Schwaben und Schotten – eines haben sie, wofür sie in der ganzen Welt bekannt sind: Beiden sagt man einen gewissen Hang zum Geiz nach. Doch es gibt noch eine weitere Gemeinsamkeit, von der jedoch weit weniger Menschen wissen. Beide können hervorragenden Whisky produzieren. Und einer dieser Schwaben, dessen Whisky sogar den Weg in die heilige »Whisky-Bible« gefunden und zahlreiche Preise gewonnen hat, sitzt mit Volker Theurer in Tübingen.

Es war wie so oft der Zufall der Wegbereiter für etwas Außergewöhnliches. Denn genau diesem ist es zu verdanken, dass man Tübingen heute auch als die Heimat eines mehrfach ausgezeichneten Whiskys nennen darf. Volker Theurer, gelernter Koch und Inhaber des Gasthofs Lamm in Unterjesingen, wo Obst- und Getreidebrände Tradition haben, ist heute derjenige, der den Begriff »schwäbischer Whisky« prägt. Er war 1991 einer der Ersten überhaupt, die das Getränk, das man sonst aus Schottland, Irland oder den USA kennt, im Schwabenland hergestellt haben.  Er erinnert sich: »In dem Jahr, als wir im Gasthof eine neue Brennerei eingerichtet haben, gab es nicht so viel Obst, also habe ich entsprechend mehr Getreide gebrannt.« Und ein weiteres »Problem« ereilte ihn: Er hatte nicht genügend Glasballons, um den ganzen Schnaps abzufüllen. Glücklicherweise hatte er kurz davor ein paar Holzfässer gekauft. Dort landete dann der übrige Kornbrand.
Jahre vergingen, der Brand lag schön verwahrt in den Fässern. Eines Tages kam ein Wirt einer Westernkneipe im Gasthof vorbei und fragte Theurer, ob er denn nicht Whisky brennen möchte. Der Startschuss für den passionierten Brennmeister, sich in die Thematik reinzuarbeiten. »Und dann habe ich auch schnell gemerkt, dass ich den Whisky doch schon lange im Keller habe.«
Es fällt schwer, den schwäbischen Whisky mit seinen bekannten Vorbildern zu vergleichen. Auch unter den traditionellen Whiskys gibt es unzählige Unterschiede. Nur in der Art und Weise der Herstellung kann man beim Theurers Whisky eine Ähnlichkeit mit dem schottischen Single Malt entdecken. Die Produkte, die er für die Herstellung benötigt, kommen aber alle aus der Region. Wie gut sein Whisky dabei im direkten Vergleich abschneidet? »Also die Kritiker finden meinen Whisky ganz gut«, sagt er.  Aber es sei schwer zu sagen, was gut und was nicht gut ist. Alles eine Frage des Geschmacks. »Wenn jemand keinen Rauchgeschmack mag, wird ihm der beste und teuerste Whisky der Welt nicht schmecken.«
Theurers Ammertalwhisky scheint hingegen vielen zu schmecken, und er überrascht sogar große Kenner. Der »Whisky-Guide Deutschland« (Herausgeber: Christian H. Rosenberg) adelte Theurers Brennkünste und erklärte seine Destille zu »einer der besten Whisky-Brennereien Deutschlands«. Jim Murray zeichnet ihn regelmäßig in seiner »Whisky-Bible« mit hohen Benotungen aus. Auch die DLG hat den Whisky mehrfach prämiert. Heute legt der 44-Jährige nicht mehr so viel Wert auf diese Preise: »Ich weiß, dass mein Whisky schmeckt.
Und das Wichtigste ist, er schmeckt meinen Kunden.«
Seine Anhänger hat der schwäbische Whisky sogar im Mutterland des Whiskys. Und die Schotten sind überrascht, ja sogar verwundert, dass es solchen Whisky in Deutschland gibt. Dass die Popularität des schwäbischen Whiskys weit hinter der seiner großen Vorbilder liegt, begründet sich nicht zuletzt in der noch nicht so langen Tradition. Während man im Norden Großbritaniens seit Jahrhunderten Whisky produziert, gibt es ihn hier erst seit rund 25 Jahren. Und wer weiß, vielleicht wird es eines Tages so weit sein, dass die Schotten und die Schwaben in der Welt nicht nur für eine Gemeinsamkeit stehen, sondern für mindestens zwei. Ein reiner Zufall wäre das ganz sicher nicht, auch dank Volker Theurer.

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